Framerate, Shutter Speed & die 180°-Regel – Warum du nicht blind der Theorie folgen solltest

Autor
Damian Ruchti
KATEGORIE
Technik
DATUM
October 24, 2025
Über was spreche ich in diesem Artikel?
Der Artikel erklärt, wann die 180°-Shutter-Regel wirklich sinnvoll ist. Er zeigt, dass nicht die Aufnahme-FPS, sondern die Ziel-Framerate über den Look entscheidet. Tipp: Mit 50 FPS und 1/50 s filmen – für natürlichen Motion Blur und flexible Slow-Motion im Schnitt.

Viele Videograf:innen halten sich beim Filmen streng an die sogenannte 180°-Shutter-Regel – doch nur wenige verstehen, wann und warum sie wirklich sinnvoll ist. Dieser Artikel räumt mit einem der größten Missverständnisse in der Videopraxis auf und zeigt dir, wie du dir mit einem kleinen Trick maximale Flexibilität im Schnitt erhältst.

🔢 Was besagt die 180°-Regel überhaupt?

Die 180°-Regel (im Zusammenhang mit Shutter Speed, nicht zu verwechseln mit der Achsenregel) besagt:

Verschlusszeit = 1 / (2 × Framerate)

Heißt konkret:

  • Bei 25 FPS → Shutter Speed: 1/50s
  • Bei 50 FPS → Shutter Speed: 1/100s
  • Bei 100 FPS → Shutter Speed: 1/200s

Diese Regel sorgt für natürlich wirkenden Motion Blur – vergleichbar mit dem, was wir vom menschlichen Auge und klassischen Kinofilm kennen.

⚠️ Der Denkfehler: Mehr FPS = besser?

Viele filmen mit hohen Framerates wie 100 oder 120 FPS, um später Slow-Motion nutzen zu können. Soweit, so gut. Doch häufig wird der Shutter Speed entsprechend verkürzt – etwa auf 1/200s bei 100 FPS. Was dabei oft übersehen wird: Wird das Material später in Echtzeit abgespielt (z. B. 25 FPS), fehlt die natürliche Bewegungsunschärfe. Das Bild wirkt dann „staccato-artig“, zu scharf, fast künstlich. Die Szene sieht technisch aus – nicht cineastisch.

🎯 Ziel-Framerate entscheidet über den Look

Frame Rate Image with Caption

Der entscheidende Punkt ist: Nicht die Aufnahme-FPS bestimmen den Look – sondern die Abspielgeschwindigkeit. Wenn du Material mit 100 FPS aufnimmst, es aber in Echtzeit (z. B. 25 FPS) wiedergibst, solltest du auch den Shutter auf 1/50s stellen, um echten Motion Blur zu erzeugen. Aber: Das geht technisch oft nicht, weil du bei hoher FPS vom System zu kurzen Shutterzeiten gezwungen wirst.

💡 Die Praxislösung: 50 FPS mit 1/50s filmen

Gerade bei Events, Dokus oder flexiblen Drehs weißt du oft nicht im Voraus, welche Shots du später verlangsamen willst.

Mein Tipp für solche Fälle:

Filme mit 50 FPS – aber mit einer Verschlusszeit von 1/50s.

✅ Vorteile:

  • In Echtzeit hast du natürlichen Motion Blur wie bei 25 FPS.
  • In Slow Motion (50% so schnell) hast du zwar etwas mehr Unschärfe, aber das wirkt meist nicht störend.
  • Du behältst maximale Freiheit im Schnitt, ohne dich vorher auf Slow-Mo oder Realzeit festzulegen.

📉 Der Kompromiss:

  • - Etwas mehr Blur in Slow-Mo – aber nie zu wenig in Echtzeit
  • - Zu viel Bewegungsunschärfe in einer kurzen Slow-Mo-Sequenz fällt selten negativ auf.
  • - Aber zu wenig Unschärfe in Echtzeit wirkt fast immer irritierend und unnatürlich.

🧠 Fazit: Denke in Ziel-Framerates – nicht nur in Kameraeinstellungen

Die 180°-Regel ist ein guter Ausgangspunkt – aber kein Dogma. Wenn du mit 50 FPS bei 1/50s filmst, bekommst du:

  • - die Möglichkeit, Szenen zu verlangsamen,
  • - natürlichen Motion Blur für Echtzeit
  • - und ein rundes Bild, das in beiden Fällen cineastisch aussieht.

Kurze Rede, langer Sinn.